Editorial 22.06.2023

Sehr geehrte Damen und Herren, geschätztes Publikum

Bestimmte Werte, Moralvorstellungen und Weltanschauungen prägen von klein auf unser Leben. Es ist sicherlich gut, klare Standpunkte zu haben und danach zu handeln. Dennoch kann es nicht schaden, diese dann und wann zu überprüfen  — um eben darauf bloss zu stehen und nicht zu sitzen. 

Das Theater kann bei dieser Überprüfung helfen. Durch das Aufzeigen von anderen Anschauungen werden wir immer wieder aufgefordert, über uns und unsere Haltungen nachzudenken.

Auch viele der Stücke in der Spielzeit 2023/2024 beschäftigen sich mit dem Hinterfragen von Moralvorstellungen und Weltanschauungen. Während «Babylon Swing» sich mit den eher lockeren Gepflogenheiten der 1920er Jahre beschäftigt, zeigt «In 80 Tagen um die Welt» eine Abenteuerreise, die niemand für möglich gehalten hätte. Im Kulturpotpourri, der Koproduktion mit der Kleinen Bühne, werden bekannte Künstler:innen gemeinsam mit Nachwuchstalenten einen exklusiven Abend gestalten. In «Gott» von Ferdinand von Schirach muss das Publikum im Saal Argumente gegeneinander abwägen und am Ende entscheiden, welches Urteil gefällt werden soll. In «Fabian» von Erich Kästner will sich die Hauptfigur als Moralist behaupten — angesichts einer sich spaltenden Gesellschaft gar nicht so einfach. «Monsieur Claude und seine Töchter» hinterfragt auf charmante und witzige Weise die Haltung gegenüber anderen Kulturen. Eine märchenhaft schöne Atmosphäre mit allerlei kuriosen Ereignissen erleben wir mit Gilla Cremers Bühnenadaption «Was man von hier aus sehen kann». Auch da werden scheinbare Wahrheiten immer wieder hinterfragt.

So lade ich Sie ein, gemeinsam unsere Standpunkte zu überprüfen. Ich freue mich, Sie bald im Stadtsaal begrüssen zu dürfen.  

Herzlich, 
Annina Beck und das Team von Musik & Theater Zofingen 


 «Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen.» 

Erich Kästner